Der Verkehrsminister und der gesunde Menschenverstand
Im Winter 2024 von Robert Asam
Mit etwas Glück kann ich in Zukunft am Winkelweg wieder so schnell fahren, wie es mir gerade passt. Der ehemalige Bürgermeister Rösch, eine Spaßbremse erster Güte, hat uns Tempo 30 verordnet. Daran wird sich zwar nichts ändern, aber die Speedbox soll wegkommen. So will es zumindest Italiens Verkehrsminister Salvini, der sich von seinem gesunden Menschenverstand leiten lässt und davon überzeugt ist, Verkehrsschilder tun es auch. Es braucht doch keine Radarkontrollen, wenn ich auf einem Schild lese, dass ich nicht schneller als 50 oder gar nur 30 fahren darf. Für Italiens disziplinierte Verkehrsteilnehmer genügen Verkehrsschilder. Noch ist diese grandiose Idee nicht umgesetzt, aber Salvinis Brüder im Geiste, vielleicht sind auch Schwestern dabei, haben vorsorglich schon einmal damit angefangen, Speedboxen umzusägen. Nicht hier bei uns, aber weiter südlich. Alles Gute kommt also ausnahmsweise von unten. So wie der Herr Minister auch. Wenn er lange genug im Amt bleibt, dürfen wir uns noch auf einige Maßnahmen freuen, die den Verkehr flüssiger gestalten. Das Tempolimit 130 auf den Autobahnen ist ihm auch ein Rätsel. Wozu braucht es so etwas? Wer 180 fährt, kommt schneller von A nach B. Immer vorausgesetzt man kommt an. Und ein Nachtfahrverbot für Lkw’s auf der Inntalautobahn braucht es natürlich auch nicht. Zu blöd, dass die Inntalautobahn zu Österreich gehört, wo Salvinis Einfluss eher gering ist. Aber vielleicht geben ihm die Richter am Europäischen Gerichtshof recht und finden auch, dass die Tiroler nördlich des Brenners jetzt endlich damit aufhören sollen, dem freien Warenverkehr Steine in den Weg zu legen. Nur noch wenige Monate, dann wird alles gut. Wenn erst einmal die Europawahlen vorbei sind, übernimmt Salvini in der neuen EU-Kommission den Posten des Verkehrskommissars. Wenn Sie jetzt sagen, das wäre schlimm, gebe ich Ihnen recht. Weniger Schaden richtet er an, wenn seine Kompetenz (sic!) auf das italienische Staatsgebiet beschränkt bleibt. Ich würde seinen Aktionsradius allerdings noch mehr einengen: Er könnte als nonno vigile am Winkelweg die Autos zählen, die Tempo 30 einhalten, nachdem er die Speedbox abmontiert hat. So gesehen wäre Salvini der richtige Mann am richtigen Platz. Wer imstande war, sogar Rettungsschiffe auf hoher See an der Weiterfahrt zu hindern, wird ja wohl noch ein paar Autos zählen können.