50 Jahre Orgel der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus Meran
Im Herbst 2023 von Veronika Rieder
Die Orgel wurde wahrscheinlich zwischen 270 und 250 v. Chr. erfunden. Der »Organum hydraulicum« wies Pfeifen und Tastatur auf. Als Gebläse dienten ein oder zwei Kolbenpumpen und eine Art Glocke in einem Wasserbehälter. In spätantiker Zeit ersetzten Schmiedebälge das Windwerk, daher der Name »Organum pneumaticum«. Man spielte z.B. in Amphitheatern oder zur Begrüßung des Kaisers. In der frühchristlichen Kirche war Musik verboten. Georg, ein Priester aus Venedig, erstellte 826 eine Orgel »nach Art der Griechen« für Kaiser Ludwig (778-840). Wahrscheinlich erklang sie nicht im Gottesdienst, sondern diente der Huldigung des Herrschers. Durch Georgs Schüler scheint sich die Kunst des Orgelbaus nördlich der Alpen verbreitet zu haben; 873 erbat Papst Johannes VIII. vom Freisinger Erzbischof eine gute Orgel samt Organisten. Im 13. Jh. gab es bereits in fast allen großen Kirchen eine Orgel. Mit Komponisten wie J. S. Bach, Ph. Telemann und anderen erfuhr die Orgelmusik einen großen Aufschwung, ebenso wieder in der Romantik, wobei die Zahl der Register, die Art des Spiels und die Technik z.B. der Windzufuhr stetig verbessert wurden. Seit 2017 gibt es im Petersdom eine digitale Orgel. Die größte spielbare Orgel soll in einem Kaufhaus in Philadelphia stehen.
„Einige Orgelexperten unserer Diözesankommission für Kirchenmusik haben ... die alte Orgel … gründlich untersucht und sind zur Feststellung gekommen, dass sie in wirklich schlechtem Zustand ist und dass eine Reparatur kaum in Frage kommt, auch wegen der veralteten pneumatischen Traktur und der schlechten Disposition der Register.“ Dieses offizielle Gutachten vom 28.4.1970 bestätigte die Meinung des Chordirektors Cyprian Czuchynski und bestärkte sein Vorhaben, die alte Orgel zu ersetzen.
Bei der pneumatischen Traktur (ab Ende 19. Jh. weit verbreitet) wird der Luftdruck über ein Röhrensystem und Ventile geregelt. Das verzögert die Zeit zwischen dem Anschlagen der Taste und dem Erklingen der Pfeife teilweise sehr, außerdem sind die ledernen Ventile wartungsbedürftig. Die Klaviatur umfasst Manuale (ähnlich den Klaviertasten) und Pedale (mit den Füßen zu spielen).
Von neun angeforderten Kostenvoranschlägen empfahl die Kommission die Firmen Reinisch-Pirchner (Steinach) und Gregor Hradetzky (Krems). Chordirektor und beide Organisten entschieden sich nach ausführlichen Besichtigungen für letztere: „Hauptsächlich war es der weichere und vornehmere Klang sowie die weichere Spielweise …“. Hradetzky war damals eine international gefragte und angesehene Firma. Orgelbaumeister Gregor und sein Sohn Gerhard planten im Zeitgeist der Orgelbewegung ein neobarockes Instrument mit 3 Manualen und 40 Registern. Bereits im Juli 1970 begannen Chordirektor und Orgelbaukomitee mit Spendensammlungen, wobei es auch die Möglichkeit gab, eine Pfeife oder ein ganzes Register zu stiften.
Ein Orgelregister ist eine in der Regel über den gesamten Tonumfang reichende Reihe von Pfeifen gleicher Klangfarbe (z.B. Trompete), die gleichzeitig ein- oder ausgeschaltet werden kann. Disposition ist die Auflistung der Register (Pfeifenreihen), die Rückschlüsse zulässt, welche Orgelmusik gut oder weniger gut geeignet ist.
In den „Dolomiten“ warb G. Masoner mehrmals für den Orgelbau: „Die bestehende Orgel … wurde 1906 vom mechanischen ins pneumatische System umgebaut …“, was „nur Nachteile“ gebracht habe, weil dieses „gegen Witterungseinflüsse überempfindlich“ sei und häufig teure Reparaturen erfordere. Dagegen garantiere das bewährte mechanische Schleifladensystem große Dauerhaftigkeit, weil es „spieltechnisch präzise funktioniert ... und klanglich besser ist.“
Die Schleiflade (das System wurde im 15. Jh. erfunden) befindet sich unter den Pfeifen, die zu einer Taste gehören, je ein Ventil für jede Pfeife. Sie ist winddicht und leicht verschiebbar. Steht die Schleife so, dass Loch über Loch zu liegen kommt und Wind eindringt, dann erklingen die Pfeifen, sofern Tasten gedrückt werden: Das Register ist „gezogen“.
Im November 1971 schickte die Orgelbaufirma den ersten Kostenvoranschlag für die Orgel mit 40 Registern, 3 Manualen, 3.062 Pfeifen und elektrischem Gebläse über 1.216.500 öS (1 öS = damals 25 Lire). Die Kosten für Transport und den Bau des Orgelgehäuses – den ersten Entwurf der Tischlerei Gebr. Schwab, Götzis, lehnte Prof. Nicoló Rasmo, Leiter des Denkmalamts, ab, weil das Gehäuse die Rosette verdeckt hätte – waren im Preis nicht inbegriffen. Der Diözesanverwaltungsrat erteilte im Dezember die Genehmigung, woraufhin Dekan Paul Pardatscher die Firma Hradetzky offiziell beauftragte. Chordirektor und Orgelkomitee entwickelten immer neue Ideen beim Sammeln: So gab es ein goldenes (ab 100.000 Lire) und silbernes Orgelbuch, später erhielten Spender eine Karte, für großzügigere Zuwendungen eine Stiftungsurkunde. Um die Zahlungen zu erleichtern und der Geldentwertung zu entgehen, wurde ein österreichisches Sparbuch eröffnet. Leider brachten die alten Pfeifen nicht den erhofften Erlös, nur die Zinnpfeifen konnten um
1 Mio. Lire verkauft werden.